Richtig lüften
Die meisten einschlägigen Internetseiten raten zu folgendem Vorgehen:
- Mindestens 4 mal pro Tag
- 2 bis 5 Minuten
- alle Fenster und Türen ganz zu öffnen, auch die Innentüren,
weil dann die Luft schneller durch die Räume ziehen kann.
Als Phyisker möchte ich das ein wenig kommentieren. Zunächst sollte man sich
überlegen, warum Lüften nötig ist:
- Lüften entfernt Schadstoffe (Radioaktives Radon aus der Erde, das als
Edelgas auch Kellerböden und Wände durchdringt und nirgends vermieden werden kann;
Ausdünstungen von Zeitungen, Teppichen,
Schränken und vielen anderen Materialien), die sich in geschlossenen
Räumen anreichern. Deshalb sollte man auch Räume lüften, in denen man sich
zuvor nicht aufgehalten hatte, die man aber jetzt nutzen will.
- Lüften entfernt Feuchtigkeit. Eine hohe Luftfeuchtigkeit erhöht den
Feuchtigkeitsgehalt von kalten Außenwänden. Dadurch wird deren Wärmeleitfähigkeit
erhöht und so verliert man mehr Heizwärme durch die Wand als man durch
das seltenere Lüften einspart. Besonders in Räumen mit vielen Pflanzen, oder
in denen man Wäsche trocknet, und in Küche und Bad muß noch mehr gelüftet werden!
Denn feuchte
Wände neigen auch zu Schimmelbefall. Auf der anderen Seite ist eine zu
trockene Luft für die Atmungsorgane eher nachteilig.
- Lüften beseitigt Ausdünstungen der Menschen und Tiere,
vorallem Kohlendioxid und Wasserdampf und bringt (hoffentlich) frischen
Sauerstoff. Gerade Räume mit einer hohen Personendichte müssen
oft gelüftet werden, was z.B. in vielen Gaststätten vernachlässigt wird.
- Lüften entfernt Gerüche, weshalb es nach dem Essen oder Kochen
besonders sinnvoll ist.
- Häufig übersehen wird, daß Lüften die Luft entstaubt. In der Regel
ist die Feinstaubkonzentration in der Raumluft erheblich höher als draußen.
Der grobe Staub, den man in den Sonnenstrahlen sehen kann, spielt dabei eine
untergeordnete Rolle, weil er beim Einatmen schon bald aus der Luft
herausgefiltert wird. Viel gefährlicher ist der unsichtbare Feinstaub, der
weniger als 1mm groß ist. Denn dieser schwebt sehr lange in der Luft, wenn
die Heizung die Luft umwälzt, praktisch unbegrenzt lange. Und jeder Schritt auf
einem Teppich erhöht die Staubkonzentration weiter. (Gut gereinigte ebene
Böden sind diesbezüglich vorteilhafter.) Das Schädliche am Feinstaub ist, daß er,
wie der Zigarettenrauch, teilweise bis in die Lungen gelangt und sich dort,
wenn es zuviel wird, schädlich auswirken kann. Es wird zwar - zurecht -
viel Theater um den Feinstaub an stark befahrenen Straßen gemacht, daß
dessen Konzentration in den Wohnungen aber oft viel höher ist, ist vielen
nicht bewußt. Deshalb ist es unbedingt nötig, beim Staubsaugen und
Abstauben zu lüften!
Aus diesen Gründen fürs Lüften leiten sich folgende Kommentare zu den
allgemeinen Empfehlungen ab:
- Die Häufigkeit hängt natürlich davon ab, welche Räume man überhaupt nutzt.
Räume, die nicht genutzt werden, und deren Türen geschlossen sind, braucht
man nicht so häufig lüften. Wer hingegen stark ausgasende Teppiche (Lösungsmittel
der Teppichkleber) oder Schränke (Formaldehyd) hat, sollte eher öfters lüften.
Im übrigen werden Lüftungsanlagen im allgemeinen so eingestellt, daß sie alle
2 bis 3 Stunden, also bis zu 12 mal am Tag die Luft mengenmäßig komplett austauschen.
- Die Lüftungsdauer ist sehr stark vom Wetter abhängig. Generell
wird beim Lüften ein kompletter Luftaustausch angestrebt, der in der Heizperiode
möglichst rasch erfolgen sollte, um durch den Verlust der warmen Innenluft
nicht zuviel Heizenergie zu verlieren. Bei Sturm
können dazu schon 20 Sekunden reichen; wenn es draußen 20°C hat und windstill ist,
können es auch mehr als 20 Minuten sein. Je kälter es draußen ist, desto
schneller geht der Luftaustausch vor sich. Verlassen Sie sich deshalb nicht so
sehr auf irgendwelche Richtzeiten, sondern eher auf Ihren Geruchs- und
Temperatursinn um festzustellen, wann der größte Teil der Luft ersetzt ist.
- Daß die Lüftung umso schneller geht, je weiter Fenster und Türen
geöffnet sind, ist eine Binsenweisheit. Man sollte nur vermeiden, daß zu
starker Wind die Fenster oder Türen zuschlägt. (Dafür habe ich an den gefährdeten
Fenstern und Türen Holzklötzchen liegen.) Langes Lüften mit gekipptem Fenster
ist nicht so effektiv und vergeudet viel Heizenergie.
- Oft liest man, daß man beim Lüften die Heizkörper abdrehen sollte. Das ist
aber leider nur die halbe Wahrheit. Sinnvoll wäre es in der Tat, wenn die
Heizkörper während des Lüftens nicht warm wären, weil sie während des Lüftens
die Außenluft gleich wieder erwärmen, was ungünstig ist, weil ja ein Teil davon
sofort wieder hinausgeblasen wird. Dreht man die Heizkörper aber erst beim
Beginn des Lüftens ab, sind sie ja während des Lüftens immer noch warm und es
hilft nicht allzuviel. Besser, aber zeitaufwendiger wäre es, die Heizkörper
schon 20 bis 30 Minuten vor dem Lüften abzudrehen, damit sie zu Beginn des
Lüftens schon weitgehend abgekühlt sind.
- Immer wieder hört man von Lüftungsmuffeln, daß die Fenster ja undicht seien und
dadurch ausreichend gelüftet werde, daß die Kinder ständig raus und rein sprängen,
oder das Katzenloch doch genügend Luft reinließe. All das trägt durchaus zum
Luftaustausch bei, sollte aber nicht überschätzt werden.
Deswegen sollte man durchaus auch einmal seine Gäste
fragen, wie sie die Luft im Raum fänden. Denn leider (oder zum Glück?) ist man
für den eigenen Mief recht unempfindlich und kann ihn oft nicht selbst riechen.
Ferner sollte man bedenken, daß viele Schadstoffe gar nicht gerochen werden
können.
- Den Tip, im Schlafzimmer auch während des Schlafens durch Lüften für gute
Luft zu sorgen, wagt man heutzutage schon kaum mehr auszusprechen. Die
wenigen, die
es doch tun, sollten aber während der Heizperiode das Fenster nicht ganz
öffnen, sondern nur kippen. Selbst das sorgt bei sehr kalter Außenluft im Winter
noch für einen zu schnellen Luftwechsel, den ich dann dadurch vermindere,
daß ich je nach Temperatur und Wind den Rolladen mehr oder weniger
herunterlasse.
Jeder Raum hat seinen eigenen Geruch. Dies hängt mit den Personen, die darin
leben, und mit dem ganzen Inventar zusammen und läßt sich nicht vermeiden.
Fremde Personen empfinden diese
Gerüche nicht immer als angenehm. Deshalb habe ich es mir angewöhnt, gründlich
zu lüften, bevor ich Gäste erwarte, um Ihnen eine möglichst gute Luft zu bieten.
Wer während des Lüftens im Zimmer, auf dem Balkon oder auf der Terasse noch ein wenig auf der Stelle hüpft oder läuft,
hat dann quasi Bewegung an der frischen Luft. Wohl bekomm's!
Lüften und Pflanzen: Manche Pflanzen vertragen keinen Zug, andere können
erfrieren, wenn die Außenluft zu kalt ist. Andere Pflanzen stehen auf dem
Fensterbrett und verhindern, daß man das Fenster ganz öffnen kann. Es ist
jedem selbst überlassen, wie er mit diesen Schwierigkeiten umgeht. Bei mir
gibt es in jedem Zimmer mindestens ein Fenster, das ich ganz öffnen kann und
nur solche Pflanzen, die Frischluft gut vertragen ...
Vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen gibt es eine
Broschüre über richtiges Heizen und Lüften, die ich hier als Kopie (Stand Januar 2009)
zum Download als PDF-Datei bereitstelle: GesundWohnen.pdf.
Neuere Versionen und weitere Broschüren gibt es
bei der Deutschen Energie-Agentur.
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Letzte Änderung am 21.11.2020